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COURSE

Modul 6: ePortfolio: Von der Einzelinitiative zu einer integrierten Initiative

Einführung

Ein Problem mit ePortfolio-Initiativen ist ihre Fragmentierung, sowie die Einbindung innerhalb einer Institution. Eine Vielzahl von ePortfolio-Initiativen innerhalb von Institutionen ist nur auf eine Funktion ausgerichtet (z.B. auf die Anerkennung von Vorwissen), einen einzelnen Kurs oder eine Disziplin. Es gibt aber auch „globale“ Initiativen auf institutionellem Level, z.B. capstone ePortfolio, welche die Organisation des Lehrens und Lernens im Rest der Institution nicht beeinflussen.

Die derzeitige Fragmentierung ist auch ein Indikator für den Reifegrad von ePortfolio-Initiativen: Viele ePortfolio-Initiativen sind Einzelinitiativen, die von enthusiastischen Innovatoren angeführt werden. Dies bringt einige Themen auf: Nachhaltigkeit, da Initiativen oft stoppen, sobald die Innovatoren weiterziehen oder der Initiative überdrüssig werden, und auch die Rentabilität (für Innovatoren und Lernende), wenn das Investment in ePortfolios über den Kurs oder die Disziplin hinaus nicht geschätzt wird.

Die Bewegung von einer Einzelinitiative zu einer integrierten Initiative ist kein trivialer Prozess. Das Hauptthema dabei ist nicht technologischer, dafür aber pädagogischer, organisationaler und leitender Natur. Damit ePortfolios nicht nur eine weitere Maßnahme neben bereits existierenden Maßnahmen werden (was oft fehleranfällig ist), muss ein integrierter Ansatz für ePortfolios verfolgt werden. Dazu müssen einige Änderungen innerhalb der Institution vorgenommen werden, damit die Handlungspraxis mit den Werten, die in die ePortfolios eingebettet sind, übereinstimmen: Authentisches Lernen, authentische Beurteilungsformen und die Ermächtigung des/der Lernenden zum/zur selbstgesteuerten LernerIn.

Dieses Modul eröffnet Einblicke und Perspektiven bezüglich der Prozesse und des nötigen Rahmens für den Übergang zu einer integrierten Initiative.

Ziele des Moduls

Am Ende des Moduls können Sie…

  • …eine “erfolgreiche” Einzelinitiative mit Ihren Stärken und Schwächen kritisch analysieren.

  • ...die Bedingungen für die Transformation einer Einzelinitiative zu einer integrierten Initiative bestimmen.

Fragen zum Aufwärmen

  • Sind die Lehr- und Lerneinstellungen Ihrer Organisation bereit für den Einsatz von ePortfolios?

  • Was müssen Sie oder Ihre Oranisation ändern, damit sie bestmöglich von ePortfolios profitieren können? (z.B. Lehr-Lern-Strategien, etc.)

  • Können bereits existierende organisationale Prozesse durch ePortfolios verbessert werden?

  • Wie wird die intrinsische Motivation (von Lernenden und MitarbeiterInnen) zum Motor der ePortfolio-Praxis?

  • Wie verringern Sie extrinsische Motivation (von Lernenden und MitarbeiterInnen) als Anreiz für die ePortfolio-Anwendung?

  • Wie können Sie Stakeholder in das Design, in die Umsetzung und in die Wartung einer ePortfolio-Initiative einbinden?

Was ist eine integrierte ePortfolio-Initiative/Umgebung?

Was ist der Unterschied zwischen einer integrierten ePortfolio-Initiative und anderen ePortfolio-Initiativen? Es existieren verschiedene Aspekte zum Verständnis des Begriffs organisationale Integration. Ein Aspekt ist organisatorischer Natur: Wird die Initiative von einer einzelnen Lehrperson, einer Gruppe von Lehrpersonen oder einem Dachverband geleitet? Der zweite Aspekt ist der der Auswirkung: Beeinflusst die Initiative einzelne Bereiche der Organisation (z.B. eine Disziplin) oder umfasst sie die ganze Organisation? Der dritte Aspekt ist pädagogischer Art: Beeinflussen ePortfolios die Lehr- und Lernpraxis oder sind sie nur als Zusatz zu dem zu betrachten, was bereits Handlungspraxis ist? Ein vierter Aspekt ist die Stelle, an der Integration stattfinden soll: Sind die Lernenden im Zentrum des Integrationsprozesses oder ist es die Institution und Ihre Prozesse?

Eine integrative ePortfolio-Initiative bedeutet, dass die Nutzung von ePortfolios in einem Bereich über curriculare Aktivitäten hinausgeht und integrative, akademisch grenzüberschreitende Lernprozesse gefördert werden, bei denen die Lernenden im Zentrum des Integrationsprozesses stehen. Dies beinhaltet auch Aktivitäten außerhalb des Lehrplans, praktische Erfahrungen und Problemstellungen sowie die Synthese verschiedener Wissensgebiete, um eine starke Verknüpfung zwischen Praxis und Theorie zu schaffen. Eines der wichtigsten Ziele der Pädagogik des 21. Jahrhunderts ist, die Integration formaler und informeller Lernergebnisse über Fächer (Kurse) und nicht-akademische Aktivitäten hinweg zu unterstützen.

Integrierte ePortfolio-Initiative/Umwelt vs. integrierte ePortfolio-Plattform

Es gibt keine direkte Verbindung zwischen einer integrierten ePortfolio-Initiative/Umwelt und einer integrierten ePortfolio-Plattform. Eine Abteilung innerhalb einer Institution kann sich dafür entscheiden, eine ePortfolio-Plattform zu installieren und damit eine spezielle Disziplin oder einen Kurs (dies ist nicht integrativ) zu unterstützen, während eine andere Institution keine Plattform anbietet, sondern die Lernenden dazu einlädt, die Werkzeuge ihrer Wahl anzuwenden, um ein Lerntagebuch zu ihren Entwicklungsschritten über alle Disziplinen hinweg zu führen.

Definition einer integrierten ePortfolio-Initiative

Temporäre Definition (die von den MOOC-TeilnehmerInnen diskutiert und verbessert wird):

Eine ePortfolio-Initiative ist eine integrierte Initiative, wenn…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  1. …die Lernenden im Mittelpunkt des Integrationsprozesses stehen.
  2. …ePortfolios jegliche Form von Lernen integrieren, z.B. formelles und informelles Lernen
  3. …der ePortfolio-Inhalt systematisch von den Lehrverantwortlichen (z.B. LehrerInnen) genutzt wird, um die zukünftige Praxis zu bereichern.
  4. …die ePortfolio-Initiative auf leitender Ebene geführt wird.
  5. …ePortfolios nicht eine zusätzliche Maßnahme zu den bereits existierenden Strukturen und Prozessen darstellen, sondern dafür genutzt werden, um gegenwärtige Strukturen und Prozesse zu integrieren und/oder zu wandeln.
  6. …es einen nahtlosen Übergang von Informationen zwischen ePortfolios, institutionellen und persönlichen Informationssystemen gibt.

Es gibt dabei ein Spektrum von Initiativen zwischen vollständig integrativen Initiativen und Einzelinitiativen. Einige Initiativen decken nur manche der oben genannten Kriterien ab. Es existieren auch Initiativen, die keine dieser Kriterien erfüllen. Diese scheinbar integrativen Initiativen klingen integrativ, sind aber eigentlich Einzelinitiativen. Diese Initiativen werden oftmals nur als zusätzliche Maßnahmen eingesetzt anstatt gegenwärtige Strukturen, Prozesse und Praktiken zu verändern.

Wenn ein Test entwickelt werden sollte, um zwischen einer integrativen Initiative und einer Einzelinitiative zu unterscheiden, dann sollte dieser darin bestehen, den positiven Einfluss auf die Veränderung des Rests der Organisation zu messen. Falls Organisationen alle Vorteile von erfolgreichen Einzelinitiativen voll nutzen möchten, ist die Entwicklung eines integrativen ePortfolio-Ansatzes erforderlich, was meist eine veränderte Organisation und und ein verändertes Management verlangt.

Mehr über integrierte ePortfolios:

  • Die Präsentation von Bret Enyon vom LaGuardia Community College: Making connections high impact practices & the integrative ePortfolio
  • Ein Report der Georgetown University Formation by Design, Project Progress Report, 2014-2015

 

 

Fallstudien

ePortfolio-Einzelinitiativen an der University of Virginia

 

An dieser Stelle möchten wir auf die erfolgreiche Einzelinitiative an der University of Virginia hinweisen. In einem ihrer Kurse der LehrerInnen-Ausbildung wurde ein ePortfolio-Konzept integriert, um spezielle Kurs-Aktivitäten zu unterstützen, wie beispielsweise Diskussionen, Unterrichtsbeobachtungen, Reflexionen, Ausarbeitungen zur Aktionsforschung, Präsentationen der Forschungsergebnisse und ein Unterrichts-Portfolio. Es wurden einige Verbesserungen des Kursdesigns vorgenommen, unterstützt durch das Portfolio-Konzept. Damit soll die bessere Förderung der Pädagogik ermöglicht werden, was zu wichtigen curricularen Änderungen geführt hat - von einem Fokus von individueller zu sozialer und holistischer Reflexion. Die ganze Fallstudie ist auf folgender Seite verfügbar: Reflective Course Design: An Interplay between Pedagogy and Technology in a Language Teacher Education Course (Reflektives Kurs-Design: Ein Zusammenspiel zwischen Pädagogik und Technologie in einem Kurs zur Ausbildung von Sprach-LehrerInnen).

Integrierte ePortfolio Initiative an der Queensland University of Technology

Der Fall der Queensland University of Technology (QUT) ist ein Beispiel für eine erfolgreich integrierte Initiative. Die Leitung der QUT initiierte ein ePortfolio-Projekt. Sie entwickelte einen strategischen Plan und organisierte unterstützende Abteilungen um eine erfolgreiche ePortfolio Umsetzung zu gewährleisten. Es wurde eine hauseigene ePortfolio-Lösung entwickelt, die in das bereits existierende QUT-System integriert wurde und die außerdem Privatsphäre-Einstellungen und Cyber-Security unterstützt. Dies sind Schlüsselfaktoren für jede Systemeinführung. Die Lösung ist verfügbar für alle StudentInnen, den Lehrkörper und Alumni, sowie auf allen Stufen und Feldern der Studien. Es wurden Karriere-Programme mit dem Kurs-Curriculum gekoppelt, und die ePortfolios können als Einzelinitiative und auch als Teil eines Entwicklungsprozesses während mehrerer Jahre genutzt werden. Es werden Daten und Rückmeldungen zu Anwendung und Erfahrungen auf regelmäßiger Basis erhoben, um diese Informationen für weitere Entwicklungen und Verbesserungen zu nutzen. Für mehr Informationen lesen Sie: Case study QUT Home Page oder QUT - Australian ePortfolio project (2008/2009)

Wie kann sich von Einzelinitiative zu integrierter Initiative bewegt werden?

Es gibt kein vordefiniertes Modell, wie man sich von einer Einzelinitiative zu einem integrierten ePortfolio entwickelt. Es gibt dennoch einige grundlegende Schritte, die zu beachten sind, wie bei jeder neuen Initiative.

Prozesse bei der Einführung einer neuen Initiative:

  1. Das Bewusstsein für die Vorteile der ePortfolio-Integration wecken.

  2. Das Engagement der wichtigsten NutzerInnen-Gruppen (LeiterInnen, WissenschaftlerInnen, MitarbeiterInnen, Lernende, etc.) sichern.

  3. Aktives Mitgestalten der integrativen Initiative (Menschen, Prozesse, Technologie, Finanzierung, etc.)

  4. Ressourcen aufbauen und aktivieren. Beobachten des Fortschritts.

  5. Überarbeiten der Ergebnisse basierend auf Daten-Sammlung.

  6. Planen von Verbesserungen

Obwohl die Aspekte oben nummeriert sind, sind die Prozesse nicht an eine bestimmte Reihenfolge gebunden und folgen auch nicht dem Wasserfall-Modell (ein Aspekt nach dem anderen). Mit beweglichen Ansätzen ist das Design und die Entwicklung in dichteren Schleifen organisiert, wodurch es einfacher ist, bereits in einem früheren Stadium das Design zu überarbeiten. Damit können Problemlösungen und neue Ideen eingearbeitet werden. Nur eine kleine Anzahl von Organisationen sind dazu fähig oder willens, bewegliche Ansätze zu nutzen, da sie dazu neigen, dem Endnutzer mehr Macht zu geben, weniger den Institutionen oder den Anbietern von Technologien.

Für einige Entscheidungsträger ist es einfacher, nach der Antwort auf die Frage “Welche Plattform sollen wir wählen?” zu suchen, als auf die Frage „Wie sollten wir unsere Organisation verändern, um bestmöglich von ePortfolios zu profitieren?“

  • Lesestoff Fostering Integrative Knowledge through ePortfolios (Förderung von integrativem Wissen durch ePortfolios)

 

Verschiedene Integrations-Ansätze

Das Catalyst Framework

 

Ein Beispiel für einen integrativen ePortfolio-Ansatz wurde von “Connect to Learning” (C2L) entwickelt, einem nationalen Netzwerk von campus ePortfolio-InhaberInnen. Ihr Ergebnis-Rahmen, das Catalyst Framework, suggeriert, dass eine effektive integrative ePortfolio-Initiative drei Kern-Stufen von Campus-Leben und Lernen beinhaltet: Studentinnen und Lehrkörper, Departments und Programme sowie institutionelle Kultur. Die erfolgreichsten ePortfolio-Initiativen richten sich nach diesen Kernstufen des Lernens mit der Arbeit in fünf ineinandergreifenden Sektoren: Pädagogik, professionelle Entwicklung, Beurteilung von Ergebnissen, Technologie und Verbreitung. Beim Annehmen und der Vereinigung dieser Stufen und Sektoren gibt es drei allumfassende Design-Prinzipien: Untersuchung, Reflexion und Integration. Eine genauere Erklärung der Entwicklung des Rahmens und seiner Komponenten kann hier abgerufen werden: Welche Veränderungen können ePortfolios bewirken? Ein Erfahrungsbericht des „Connect to Learning“-Projekts; das Catalyst Framework, Lernprozesse von StudentInnen und institutionelle Veränderung (auf Englisch).

Ein Rahmen für organisationsweite ePortfolio-Umsetzung

Eine US-amerikanische Studie zur ePortfolio-Umsetzung an Universitäten resultierte in einem Implementierungs-Rahmenwerk, das aus sechs Schlüsselelementen der Implementierung besteht. Dieses Rahmenwerk basiert auf der Diffusionstheorie. Die Komponenten des Rahmens sind: Bewusstsein (wenn eine Organisation sich über die Potentiale von ePortfolios bewusst wird); Motivation (wenn eine Organisation die intrinsischen und extrinsischen Anreize für die ePortfolio-Nutzung versteht und schätzt); Engagement (wenn eine Organisation strategische Entscheidungen trifft um ePortfolios zu integrieren); Ressourcen (wenn eine Organisation die notwendigen Ressourcen für die ePortfolio Umsetzung plant); Führung (wenn eine Organisation die Führungsebene für die Unterstützung einer nachhaltigen ePortfolio-Nutzung gewinnt); sowie Evaluation (wenn eine Organisation Evaluation durchführt, um nächste Schritte planen zu können). Das hauptsächliche Ziel des Rahmenwerks ist, Menschen dabei zu helfen, den derzeitigen Status des Implementierungsprozesses der Organisation sowie die nächsten kritischen Schritte zu beurteilen. Das Bewusstsein rührt meistens von einer erfolgreichen Einzelinitiative her. Für eine genauere Beschreibung der Rahmenwerk-Entwicklung und ihrer Komponenten, sehen Sie sich folgende Seite an: Opening up Die Einführung von Initiativen für einen Wandel im großen Umfang: Einbeziehung von Perspektiven des Lehrkörpers um einen Rahmen für organisationsweite ePortfolio-Umsetzung zu schaffen.

  1. Nutzen Sie die Maturity Matrix , und überprüfen Sie, ob Ihre Organisation bereit für ePortfolios ist.

  2. Proučite studije slučaja predviđene u modulu koristeći matricu zrelosti – Ako imate dodatnog vremena, provedite i istraživanje o integriranim inicijativama ePortfelja za potrebe baze znanja tečaja.

  3. Bewerten Sie die Fallstudien, die im Modul angeboten werden, durch die Nutzung der Maturity Matrix - Falls Sie mehr Zeit haben, führen Sie Sekundärforschung über integrierte ePortfolio-Initiativen durch um Ihre Wissensbasis zu vertiefen.

  4. Nutzen Sie die Vorlage für die Fallstudie aus Modul 2 , und definieren Sie Ihre ePortfolio-Initiative/Umwelt. Ist Ihr Szenario integrativ? Wieso ist dies der Fall? Was sind Hindernisse und Katalysatoren für die Implementierung? Was ist nötig, um die Initiative weiter zu entwickeln?

  5. Schreiben Sie eine kurze, strukturierte Empfehlung für einen integrierten Ansatz für eine ePortfolio-Implementierung in Ihrer Organisation.

  • Veröffentlichen Sie Ihre Empfehlung gemeinsam mit der ausgefüllten Vorlage.

  • Laden Sie (Fach-)KollegInnen, Mitglieder der Organisation/der Abteilung ein, Ihre Empfehlung durchzusehen und zu kommentieren.

  • Für die optimale Verbreitung Ihrer Ideen nutzen Sie den Kurs-Hashtag #ePcourse und den Hashtag der Europortfolio-Gemeinschaft #europortfolio.

  • Sammeln Sie Kommentare von (Fach-)KollegInnen und reflektieren und überarbeiten Sie Ihren Vorschlag.

  • Posten Sie einen kurze, reflektierten Text über den ganzen Prozess auf Ihrem persönlichen Blog.